Abgeholzte Waldfläche.

Banken als Klimasünder

Finanzierung von Klimasündern NGO wirft Banken Mitschuld an Waldvernichtung vor

Von Mari­na Zapf

Die welt­wei­te Finanz­in­dus­trie inves­tiert seit dem Pari­ser Abkom­men 120 Mil­li­ar­den Dol­lar in Unter­neh­men, die Wäl­der abhol­zen, wie Daten der Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on Glo­bal Wit­ness zei­gen. Wald­ver­nich­tung gilt als einer der größ­ten Kli­ma­kil­ler. In weni­gen Tagen wird das The­ma beim UN-Gip­fel in Groß­bri­tan­ni­en diskutiert.

Glo­bal Wit­ness ist bekannt für Kam­pa­gnen gegen Men­schen­rechts­ver­stö­ße und Raub­bau an der Natur. Im Vor­feld des Kli­ma­gip­fels von Glas­gow wirft die Orga­ni­sa­ti­on nun ein Schlag­licht auf den glo­ba­len Finanz­sek­tor und des­sen Rol­le in der Abhol­zung von Regen­wäl­dern. Vie­le Groß­ban­ken, so der Vor­wurf in dem neu­en Bericht, ver­dien­ten an Finanz­ge­schäf­ten mit Agrar- und Han­dels­kon­zer­nen, die von Umwelt­schüt­zern der Beschaf­fung von Roh­stof­fen aus ille­gal gero­de­ten Flä­chen beschul­digt wer­den. Allein im Ama­zo­nas erreich­te die Abhol­zung, meist ­für den Soja­an­bau, aber auch für die Vieh­hal­tung, mit über 10.000 Qua­drat­ki­lo­me­tern bin­nen zwölf Mona­ten 2021 einen neu­en Höhepunkt.

Glo­bal Wit­ness rich­tet das Augen­merk vor allem auf die Gewin­ne füh­ren­der Bank­häu­ser aus Finanz­pro­duk­ten für Getreide‑, Fleisch- und Agrar­roh­stoff­händ­ler sowie für die Palmöl‑, Papier- und Holz­in­dus­trie. Obwohl 2015 das Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men zur Ein­däm­mung der Erd­er­wär­mung ver­ab­schie­det wur­de, hät­ten Ban­ken in der EU, Groß­bri­tan­ni­en, den USA und Chi­na seit­her Gewin­ne in Höhe von schät­zungs­wei­se 1,74 Mil­li­ar­den Dol­lar ein­ge­fah­ren – aus Gebüh­ren, Zin­sen oder Divi­den­den und auf der Basis von Geschäf­ten mit “jenen Tei­len der Agri­busi­ness-Grup­pen, von denen die größ­te Abhol­zungs­ge­fahr ausgeht”.

Die bri­ti­sche Zei­tung “Finan­cial Times” hat sich meh­re­re tau­send der von Finanz­ana­lys­ten für Glo­bal Wit­ness geprüf­ten Trans­ak­tio­nen in einer gro­ßen Daten­bank mit kri­ti­schem Blick auf das Geschäfts­vo­lu­men ange­se­hen. Dem­nach haben in den fünf Jah­ren seit Paris glo­bal agie­ren­de Ban­ken und Ver­mö­gens­ver­wal­ter, allen vor­an JP Mor­gan, HSBC und die Bank of Ame­ri­ca, jeweils Dut­zen­de Finan­zie­run­gen und Auf­trä­ge im Umfang von 119 Mil­li­ar­den Dol­lar für 20 der frag­li­chen Agrar- und Lebens­mit­tel­rie­sen abgeschlossen.

Beitrag zur Erderwärmung

Wel­chen Bei­trag die Zer­stö­rung von Arten­viel­falt und Wäl­dern zur vor­an­schrei­ten­den Erd­er­wär­mung leis­tet, wird beim Kli­ma­gip­fel in Glas­gow Ende des Monats eine wich­ti­ge Rol­le spie­len. All­jähr­lich wer­den bis zu 17 Pro­zent der welt­wei­ten Treib­haus­gas­emis­sio­nen durch die Umwand­lung von Wald in Acker- und Wei­de­flä­chen ver­ur­sacht. Die Ver­mei­dung die­ser Abhol­zung gilt als – kos­ten­ef­fi­zi­en­ter – Eck­pfei­ler für den inter­na­tio­na­len Klimaschutz.

Nur ist sie bis­her wenig erfolg­reich. In etli­chen Staa­ten in Latein­ame­ri­ka, Afri­ka oder Süd­ost­asi­en, die Regen­wald beher­ber­gen, sind Abhol­zun­gen oder Brand­ro­dun­gen zuneh­mend von Regie­run­gen ver­bo­ten. Aber ille­gal fal­len wei­ter gro­ße Flä­chen dem Bedarf der Ernäh­rungs­in­dus­trie nach Tier­fut­ter und Fleisch oder der Holz­in­dus­trie nach knap­pem Bau­ma­te­ri­al zum Opfer.

Zu den von Glo­bal Wit­ness ana­ly­sier­ten Bank­kun­den gehö­ren etwa der welt­größ­te Fleisch­händ­ler aus Bra­si­li­en, JBS, oder der US-Rie­se Car­gill, die bei­de zu den beherr­schen­den Agrar­kon­zer­nen auf dem Welt­markt – Big Food – gehö­ren. Füh­rend unter den von der “Finan­cial Times” ana­ly­sier­ten zehn Groß­ban­ken hat die chi­ne­si­sche ICBC für acht die­ser Kon­zer­ne üppi­ge Finanz­pa­ke­te geschnürt, dar­un­ter Kre­di­te und revol­vie­ren­de Kre­dit­fa­zi­li­tä­ten im Umfang von 1,1 Mil­li­ar­den Dol­lar für den größ­ten chi­ne­si­schen Agrar­händ­ler Cof­co International.

Die Umwelt­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on Migh­ty Earth beschul­digt mit Cof­co ver­bun­de­ne Zulie­fe­rer, 2019 bis 2021 über 20.000 Hekt­ar Wald in Bra­si­li­en für den Soja­an­bau gero­det zu haben. Cof­co beteu­er­te gegen­über Glo­bal Wit­ness, es kön­ne sei­ne Lie­fer­ket­ten nicht bis auf jede Farm zurück­ver­fol­gen, wer­de bis 2023 aber alle erfasst haben.

Die zweit­um­fang­reichs­ten Geschäf­te schloss laut FT das Bank­haus JP Mor­gan ab: mit Kun­den wie Olam Inter­na­tio­nal – einem Händ­ler, dem der Forest Ste­ward­ship Coun­cil die Zer­stö­rung von Regen­wald in Gabun anlas­tet – oder mit Car­gill, für den 2018 und 2019 Anlei­hen bege­ben wur­den. Auch die Deut­sche Bank unter­hält laut Glo­bal Wit­ness umfang­rei­che Finanz­be­zie­hun­gen mit Car­gill, aber auch mit Palm­öl­pro­du­zen­ten in Malaysia.

Brasilien: Bußgelder als Warnung

AUSLANDSREPORT09.01.21 03:00 minMensch und Tier in engem Kon­taktZer­stör­te Öko­sys­te­me begüns­ti­gen Pandemien

Car­gill, der Han­dels­mul­ti aus Min­ne­so­ta, wur­de 2018 von der bra­si­lia­ni­schen Umwelt­be­hör­de Iba­na neben vier ande­ren Getrei­de­händ­lern mit einem Buß­geld von knapp einer Mil­li­on Dol­lar dafür bestraft, 600 Ton­nen Soja aus geschütz­ten Flä­chen der Regi­on Cer­ra­do bezo­gen zu haben. Die Savan­ne ist ein schnell­wach­sen­des Anbau­ge­biet für Soja, da es weni­ger strik­ten Ver­bo­ten unter­liegt wie der Ama­zo­nas. Auch ver­gan­ge­nes Jahr soll Car­gill dort von Erzeu­gern gekauft haben, auf deren Land 19.000 Hekt­ar abge­holzt wur­den. Das US-Unter­neh­men bestrei­tet jeg­li­che ille­ga­le Aktivitäten.

Die Aus­wer­tung von 5000 Trans­ak­tio­nen hat laut “Finan­cial Times” erge­ben, dass allein die fünf nach Geschäfts­vo­lu­men füh­ren­den Ban­ken – dar­un­ter BNP Pari­bas – in dem Zeit­raum fast 570 Anleihe‑, Kre­dit- und Emis­si­ons­ge­schäf­te mit 20 Agrar­un­ter­neh­men im Gesamt­wert von 32 Mil­li­ar­den Dol­lar geschlos­sen haben. Alle fünf sei­en beken­nen­de Geg­ner von Ent­wal­dung. Alle Agrar­kon­zer­ne wie­der­um bestrit­ten die Zusam­men­ar­beit mit Lie­fe­ran­ten, die in Schutz­ge­bie­ten roden, oder beteu­ern, sich von frag­wür­di­gen Zulie­fe­rern getrennt zu haben.

Vor­sorg­lich unter­streicht Glo­bal Wit­ness in sei­nem Bericht, dass es kei­ner der Ban­ken unter­stel­le, wis­sent­lich die Zer­stö­rung von Wald zu finan­zie­ren. Eines wol­le der Bericht aber sicher­lich: auf die Regu­lie­rungs­lü­cke hin­wei­sen, die trotz welt­wei­ter unter­neh­me­ri­scher Bekennt­nis­se zu nach­hal­ti­ger Beschaf­fung – und trotz des noch jun­gen Trends zu “ent­wal­dungs­frei­en Lie­fer­ket­ten” – im Finanz­sek­tor klafft.

In einem Umfeld von Frei­wil­lig­keit blie­ben Ban­ken in Plä­nen der Poli­tik für nach­hal­ti­ge­re Lie­fer­ket­ten außen vor. “Wir sehen, wie die Poli­tik der Frei­wil­lig­keit wei­ter ver­sagt”, heißt es in dem Bericht. “Regie­run­gen müs­sen drin­gend han­deln und die Finan­zie­rung der Wald­zer­stö­rung auf­hal­ten, bevor es zu spät ist.”

Mit Aus­nah­me der chi­ne­si­schen sähen sich die meis­ten kri­ti­sier­ten Ban­ken dem Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men und dem Schutz von Bio­di­ver­si­tät ver­pflich­tet. Trotz­den hiel­ten sie an Geschäf­ten mit Unter­neh­men fest, die mit kli­ma­ge­fähr­den­den Ent­wal­dun­gen in Ver­bin­dung gebracht wer­den. Dabei hät­ten die “pro­ble­ma­ti­schen Vor­ge­schich­ten die Com­pli­ance-Teams der Ban­ken auf­hor­chen las­sen müssen”.

Der Arti­kel erschien zuerst bei Capital.de.

Quel­le: ntv.de

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